Die Bedeutung der Rotkreuz-Grundsätze im Kontext gesellschaftspolitischen Handelns

Diese Seite beschreibt anhand unterschiedlicher Themenfelder die Anwendung der Grundsätze an Beispielen, die für die ehren- und hauptamtlichen Mitarbeitenden des DRK sowie alle DRK-Mitglieder verbindlich sind und denen im Zusammenhang mit deren Verhalten Bedeutung zukommt. Ziel ist es, zu einem besseren Verständnis von Bedeutung, Auslegung und Anwendung der Grundsätze im Alltag beizutragen und damit ihre tragende Bedeutung für die gesamte Rotkreuz- und Rothalbmond-Bewegung zu untermauern.


Vorwort

Das Deutsche Rote Kreuz ist Teil der Internationalen Rotkreuz- und Rothalbmond-Bewegung und als solches überall und jederzeit den Grundsätzen der Bewegung – der Menschlichkeit, Unparteilichkeit, Neutralität, Unabhängigkeit, Freiwilligkeit, Einheit und Universalität – verpflichtet. Diese Grundsätze durchdringen unser gesamtes Handeln. Sie bilden nicht nur eine ethische Grundlage für die Handlungsweise der Bewegung und ihrer Komponenten, sondern auch für das Verhalten eines jeden Einzelnen.

Doch was bedeutet es, unser Handeln als Mitarbeitende des Roten Kreuzes nach den Grundsätzen der Bewegung auszurichten? Inwieweit sind wir dabei dem Rotkreuz-Zeichen und seiner Bedeutung verpflichtet? Schwierigkeiten bereitet es immer wieder, die abstrakten Grundsätze im konkreten Fall anwendbar zu machen und durch unser Handeln mit Leben zu füllen. Die vorliegende Richtlinie nimmt sich dieser Thematik an und soll dazu dienen, es allen Mitarbeitenden des DRK zu ermöglichen, die Relevanz der Grundsätze im Einzelnen zu erkennen und ihr Handeln danach auszurichten.


Politische Betätigung im Kontext des Roten Kreuzes

Politische Äußerungen in Ausübung einer DRK-Funktion oder auf DRK-Veranstaltungen

Wird das DRK als einer bestimmten politischen Strömung zugeneigt angesehen, so gefährdet dies nachhaltig die Aufgabenerfüllung des DRK und kann darüber hinaus auch zu einem Verlust von Mitgliedern und der Unterstützung großer Teile der Bevölkerung führen. Das DRK handelt gemäß seinen Grundsätzen stets neutral und ist in seiner Arbeit für notleidende Menschen davon abhängig, dass es nach außen auch als solches wahrgenommen wird. 

Problematisch sind etwa politische Äußerungen, die einer Privatmeinung entsprechen und in Ausübung eines DRK-Amtes oder auf DRK-Veranstaltungen getätigt werden. Politische Äußerungen tangieren neben dem Grundsatz der Neutralität immer auch den der Unparteilichkeit. Das DRK muss stets eigenständig agieren können. Es darf nicht der Eindruck entstehen, dass es mit staatlichen und politischen Institutionen derart verstrickt ist, dass es nicht mehr eigenständig agieren kann. Die Rotkreuz- und Rothalbmond-Bewegung und ihre Komponenten sind verpflichtet, jeglicher politischer, ideologischer oder ökonomischer Beeinflussung zu widerstehen. In diesem Sinne berührt dieser Fall auch den Grundsatz der Unabhängigkeit.

Hinweis: Das DRK muss jederzeit von allen Menschen gleichermaßen als politisch, religiös, ideologisch und ökonomisch unabhängig wahrgenommen werden können!

Beteiligung an politischen Aktivitäten und Abgabe einer Wahlempfehlung

Der Grundsatz der Neutralität schließt aus, sich an politischen Auseinandersetzungen, wie z. B. Wahlkampfveranstaltungen, zu beteiligen oder auch Wahlempfehlungen abzugeben. Auch im Hinblick auf den Grundsatz der Unabhängigkeit ist Vorsicht geboten: Dieser stellt sicher, dass die Internationale Rotkreuz- und Rothalbmond-Bewegung ihren Auftrag jederzeit nach den Grundsätzen der Bewegung erfüllen kann.

Die Grundsätze sind gleichermaßen auf allen Ebenen des DRK (Orts-, Kreis-, Bezirks-, Landes-, Bundesebene) zu beachten. Wichtig ist sicherzustellen, dass das DRK oder andere Komponenten der Bewegung nicht auf politische, ideologische oder ökonomische Weise von anderen beeinflusst werden. Jede Situation, die dazu führen könnte, dass das DRK in der Öffentlichkeit als abhängig oder nicht mehr eigenständig wahrgenommen wird, ist also zu vermeiden. 

Betreffen (lokal-)politische Diskussionen ein Thema, das dem Aufgabenfeld des DRK zuzuordnen ist, könnte aber durchaus eine Position von Seiten des DRK im Sinne der Betroffenen, also der potenziellen Hilfe- oder Leistungsempfänger, geäußert werden (eine sogenannte „Anwaltschaft“, auch als Advocacy bezeichnet).

Teilnahme an politischen Demonstrationen unter Erkennungszeichen des DRK

Die Teilnahme von Gruppen, Einheiten oder Einzelpersonen des DRK an politischen Demonstrationen in DRK-Bekleidung und das Äußern politischer Ansichten bei Demonstrationen unter Hinweis auf die Zugehörigkeit zum DRK sind untersagt. Sie stellen Verletzungen des Grundsatzes der Neutralität dar. Dieser besagt, dass sich das DRK, um das Vertrauen aller zu bewahren, der Teilnahme an Feindseligkeiten und an politischen, rassischen, religiösen oder ideologischen Auseinandersetzungen enthält.

Durch die Teilnahme an politischen Demonstrationen unter dem Zeichen des Roten Kreuzes wird das DRK mit den jeweiligen politischen Forderungen assoziiert. Neutral ist eine Bewegung oder Institution jedoch nur dann, wenn sie auf Parteinahme in einem Konflikt oder einer Auseinandersetzung verzichtet und sich der Einmischung enthält. Jede Missachtung dieser Neutralität durch Beteiligung an Kontroversen politischer, religiöser oder ideologischer Art führt zu Spannungen, die der Bewegung Schaden zufügen können.

Eine andere Einschätzung kann sich bei Demonstrationen für Werte des DRK, wie einer Demonstration für Menschlichkeit und Toleranz, ergeben. Die schwierige Abgrenzung zu politischen Forderungen darf jedoch auch hier nicht unterschätzt werden, weshalb jeder Einzelfall abzuwägen und im Zweifel zu einem zurückhaltenden Vorgehen zu raten ist.

Verhalten von Einheiten und Helfern des DRK bei Einsätzen anlässlich von Demonstrationen

Anders ist es gelagert, wenn DRK-Einheiten und -Helfende Demonstrationen absichern. In diesem Fall müssen die Einsatzkräfte Dienstbekleidung tragen. Sie halten sich in der Regel außerhalb der demonstrierenden Menschenansammlungen auf und gehen von dort in ihren Einsatz. 

Das Deutsche Rote Kreuz hat die Verpflichtung, jedem und unterschiedslos, allein nach dem Maß der Not, Hilfe zu gewähren, der diese benötigt. Die Hilfe hat den Grundsätzen des Roten Kreuzes entsprechend ohne Rücksicht auf Nationalität, Herkunft, politische Weltanschauung oder Zugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft zu erfolgen. Dementsprechend ist zu gewährleisten, dass sachgerechte und schnelle Hilfe geleistet wird. Dies beinhaltet gleichermaßen das Recht der Rettungskräfte auf einen ungehinderten und gesicherten Zugang zu den Hilfesuchenden, z. B. bei Straßenblockaden oder Aktivitäten im Rahmen des sog. Zivilen Ungehorsams. 

Jeder Rotkreuz-Mitarbeitende, ob ehren- oder hauptamtlich, ist auf Vertraulichkeit verpflichtet. Die allgemeinen Grundsätze über die Verschwiegenheitspflicht gelten auch bei Demonstrationen. Gegenüber der Polizei besteht keine Auskunftspflicht.

Beispiel Christopher Street Day (CSD)

Auch wenn der Gedanke der Toleranz hier im Vordergrund stehen mag, handelt es sich beim CSD um eine politische Demonstration mit entsprechenden politischen Forderungen an den Staat. Aus diesem Grunde spricht sich das DRK-Generalsekretariat vor dem Hintergrund des Neutralitätsgedankens eindeutig gegen eine Teilnahme von DRK-Gliederungen am CSD aus. Das gilt sowohl für die Teilnahme mit einem Wagen, den Besuch der Veranstaltung durch Mitarbeitende in Dienstkleidung oder die Beflaggung von Dienststellen und Fahrzeugen. Auch von einer Positionierung auf den Webseiten oder dienstlichen Accounts in den sozialen Medien ist daher abzuraten. Es ist darüber hinaus grundsätzlich nicht erlaubt, das Schutzzeichen auf kreative Weise in Regenbogenfarben o.ä. zu adaptieren.

Eine sanitätsdienstliche Begleitung des CSD ist von dieser Position selbstverständlich ausgenommen.

Teilnahme an Demonstrationen aufgrund institutionellen Eigeninteresses

Die Teilnahme an Demonstrationen und Kundgebungen als DRK gemeinsam mit anderen Wohlfahrtsverbänden ist grundsätzlich möglich. Dies gilt, sofern dabei keine parteipolitischen Aktionen unterstützt, sondern allgemein und parteiunabhängig gemeinsame Anliegen und Positionen (z. B. für bessere Arbeitsbedingungen in Einrichtungen des DRK (Kita, Pflege etc.)) vertreten werden. In diesem Fall rechtfertigt der Grundsatz der Menschlichkeit die Abgabe einer Stellungnahme im Sinne der so genannten Advocacy, einer Anwaltschaft für Bedürftige.

Zwar verpflichtet der Neutralitätsgrundsatz die Bewegung dazu, sich jederzeit an politischen, religiösen oder ideologischen Auseinandersetzungen zu enthalten. Das heißt jedoch nicht, dass jegliche Positionierung des DRK und dessen Mitarbeitenden zu unterlassen ist. Hier überwiegt der Grundsatz der Menschlichkeit dem der Neutralität, sodass die Teilnahme an der Demonstration als zulässige Advocacy-Maßnahme gebilligt werden kann.

Hinweis: Grundsatzkonforme Stellungnahmen des DRK hinsichtlich in sein Mandat fallender Aspekte sind nicht nur zulässig, sondern wünschenswert, wenn diese mit dem Ziel verbunden sind, die für die Arbeit des DRK erforderlichen politischen und gesetzlichen Rahmenbedingungen zu verbessern. Dies stärkt die Handlungsfähigkeit des Roten Kreuzes und trägt zu seiner Glaubwürdigkeit bei.

Beteiligung des DRK an lokalen Aktionsbündnissen

Im Hinblick auf eine mögliche Beteiligung des DRK an politischen Aktionsbündnissen gegen extremistische Gewalttaten und für Menschenrechte geht es neben der stets gebotenen Zurückhaltung in politischen Auseinandersetzungen auch darum, für die eigenen Werte, die insbesondere aus dem Grundsatz der Menschlichkeit abzuleiten sind, einzustehen und das eigene Profil des DRK nicht aufzugeben. Dabei geht es nicht unbedingt um eine Teilnahme an Demonstrationen, sondern um das Ersuchen entsprechender Bündnisse an das DRK, Erklärungen und Petitionen zu unterzeichnen und so deren Initiativen (z. B. Erklärung gegen Menschenrechtsverletzungen, Folter etc.) mitzutragen.

Auch hier gilt es, den Grundsatz der Menschlichkeit und den der Neutralität gegeneinander abzuwägen. Auf der einen Seite gebietet der Grundsatz der Menschlichkeit, Leiden zu verhindern und zu lindern. Andererseits muss es das Rote Kreuz angesichts des Neutralitätsgrundsatzes vermeiden, in Debatten verwickelt zu werden, die politisch ausgerichtet sind oder von einzelnen Gruppierungen oder Parteien für eigene Zwecke instrumentalisiert werden könnten. Sofern Inhalte von Petitionen z. B. bereits durch das humanitäre Völkerrecht gedeckt sind (z. B. die Abschaffung der Folter), stellt die Unterzeichnung einer Petition keine kritische oder gar polarisierende Positionierung dar und verstößt folglich nicht gegen denNeutralitätsgrundsatz, sondern stärkt den Grundsatz der Menschlichkeit.

Eine Zusammenarbeit mit anderen gegen extremistische Gewalttaten und Menschenrechtsverletzungen agierenden Organisationen und Aktionsbündnissen zum Zwecke der Diskussion, des Informationsaustauschs und der Abstimmung von Maßnahmen ist somit denkbar. Das Auftreten in der Öffentlichkeit sollte jedoch grundsätzlich nach genauer Prüfung und in eigenem Namen – unter Wahrung des eigenen unverwechselbaren Profils – erfolgen.

Politische Positionierung gegen Extremismus und Menschenfeindlichkeit z. B. via Pressemitteilung

Aufgrund steigender extremistischer Gewalt eine Pressemitteilung herauszugeben, in welcher auf den Anstieg der Gewalt hingewiesen und auch darüber hinaus zur Diskussion über Extremismus aufgerufen wird, ist nicht nur legitim, sondern entspricht im Sinne des Grundsatzes der Menschlichkeit und angesichts seines humanitären Mandats der Rolle des DRK: So unterstreicht ein über eine Pressemitteilung kommuniziertes Statement die Entschlossenheit des Roten Kreuzes, zu wesentlichen Fragen Stellung zu nehmen. Dasselbe gilt auch für vom DRK organisierte Kampagnen. 

Nichtsdestoweniger sollte im ersten Schritt stets eine genaue Abwägung der Beweggründe einer öffentlichen Positionierung sowie möglicher (negativer) Auswirkungen auf andere Komponenten der Bewegung stattfinden. Denn: Auf den ersten Blick scheint der Grundsatz der Neutralität gegen eine (öffentliche) Positionierung des DRK in der Debatte über Extremismus zu sprechen. Dieser Grundsatz gebietet, dass sich das DRK u. a. auch der Teilnahme an politischen, religiösen oder ideologischen Auseinandersetzungen enthält, um sich das Vertrauen aller zu bewahren.

Insbesondere in Bezug zu den aktuellen Themen Extremismus, Rassismus und Menschenfeindlichkeit ist eine Stellungnahme des DRK und ein Sich-Einsetzen für die Opfer von entsprechenden Gewalttaten nach den Grundsätzen der Bewegung jedoch sogar geboten.

Extremistische DRK-Mitarbeitende

Aus den Grundsätzen Menschlichkeit, Unparteilichkeit, Neutralität und Einheit folgt, dass extremistisches Denken und Handeln mit dem eines Rotkreuzmitglieds oder DRK-Helfenden nicht vereinbar sind. Im Hinblick auf den Umgang mit (vermeintlich) extremistischen Mitgliedern muss jedoch zwischen Gesinnung und Verhalten (Denken vs. Handeln) unterschieden werden: Auch wenn extremistisches Denken den Grundsätzen und Idealen des DRK entgegensteht, so lässt sich dieses als solches, d. h. solange es sich nicht in entsprechenden Taten und Worten äußert, weder nachweisen, noch bieten die Satzungsgrundlagen hier eine Handhabe zum Einschreiten.

Anders sieht es mit extremistischem Verhalten und Reden aus. Hier wird offensichtlich dem Ansehen des DRK geschadet und den Grundsätzen zuwidergehandelt. In der Regel bieten die Satzungsgrundlagen und entsprechenden Ordnungen hier Möglichkeiten zum Handeln. Ein Ausschluss ist grundsätzlich bei Vorliegen eines wichtigen Grundes möglich, was insbesondere der Fall ist, wenn ein Mitglied das Ansehen oder die Interessen des Roten Kreuzes schädigt. Einem solchen Ausschluss steht auch nicht etwa der Grundsatz der Einheit, demzufolge das DRK allen offen stehen müsse, entgegen, da die mit diesem Grundsatz verbundene Vielfalt natürlich nicht bedeutet, dass das DRK jedem die Mitgliedschaft eröffnen muss. Ein Fernhalten von Personen, deren Verhalten nachweislich nicht mit den Grundsätzen der Bewegung übereinstimmt, ist somit zulässig.

Handeln und Äußerungen im Namen des Roten Kreuzes

Fragen, die Sie sich stellen sollten:

1. Könnten die Äußerungen bzw. könnte das Handeln negative Auswirkungen auf die Arbeit des DRK oder auf andere Komponenten der Bewegung haben? Dann wäre es auf jeden Fall zu unterlassen!

2. Bewahrt das DRK in der öffentlichen Wahrnehmung ein eigenes Profil? Dieses leitet sich aus den Grundsätzen der Rotkreuz- und Rothalbmond-Bewegung ab. Allen voran dem Grundsatz der Neutralität.

3. Handelt das DRK unabhängig von Parteien, Organisationen, Gruppierungen und staatlichen Akteuren?

4. Oder besteht direkt oder indirekt ein Bezug zu politischen Aktionen von Parteien?

Das DRK darf sich nicht für Zwecke anderer instrumentalisieren lassen! Im Zweifel wenden Sie sich an die Konventionsbeauftragten Ihres Verbandes.


Religion und das DRK

Religiöse Symbole in DRK-Einrichtungen und auf DRK-Fahrzeugen

Neutralität und Unparteilichkeit erstrecken sich nicht nur auf politische Kontexte. Auch hinsichtlich religiöser Strömungen hat sich das DRK strikt neutral und unparteilich zu verhalten. Religiöse Symbole wie zum Beispiel ein Kruzifix in DRK-Einrichtungen aufzuhängen oder Symbole an Fahrzeugen des DRK anzubringen, verletzt diese Grundsätze, da die Öffentlichkeit das DRK unmittelbar mit einer bestimmten Religion assoziieren würde.

Tragen religiöser Symbole durch DRK-Mitarbeitende

Das Tragen religiöser Symbole – wie Kettenanhänger in Form eines Kreuzes, Kopftuch oder Kippa – im Rahmen von ehren- oder hauptamtlichen Tätigkeiten für das DRK – stellt jedoch keine Verletzung der Grundsätze des Roten Kreuzes dar. Der Ausdruck persönlicher religiöser Überzeugungen und der persönlichen Lebensgestaltung sind insoweit mit den Grundsätzen vereinbar, als die Mitarbeitenden stets nach den Grundsätzen des DRK handeln.


Internationale Konflikte und das DRK

Auslandseinsätze und Verwendung des Rotkreuz-Zeichens

Aufgrund des föderalen Aufbaus des DRK ist allein das Generalsekretariat des Deutschen Roten Kreuzes für die internationale Zusammenarbeit einschließlich der internationalen Katastrophenhilfe und Entwicklungszusammenarbeit zuständig. Unter die internationale Zusammenarbeit fällt auch die humanitäre Hilfe in einem bewaffneten Konflikt (wie etwa in der Ukraine).

Gleichermaßen ist ausschließlich das DRK-Generalsekretariat für die Regelung der Verwendung des Rotkreuz-Zeichens und die Gestattung seiner Verwendung (gem. § 5 Absatz 2 Nummer 4, 5 DRK-Satzung) zuständig. Dies gilt im Besonderen auch für die Nutzung des Rotkreuz-Zeichens bei humanitären Einsätzen des DRK im Rahmen internationaler Konflikte.

Folglich dürfen ehren- oder hauptamtliche Mitarbeitende von Untergliederungen des DRK nicht selbständig und ohne Weisung durch das DRK-Generalsekretariat tätig werden. Zudem ist die eigenmächtige Verwendung von Zeichen und Namen des Roten Kreuzes an Privatfahrzeugen nicht zulässig.

Solidaritätsbekundungen im Rahmen internationaler Konflikte

Das DRK hat sich jedem hilfsbedürftigen Menschen gegenüber zur Hilfe verpflichtet und zwar unabhängig von Nationalitäten oder politischen Überzeugungen. In einem bewaffneten Konflikt (wie etwa zwischen Russland und der Ukraine) müssen sich Rotkreuz-Mitarbeitende an die Grundsätze des DRK halten. Insbesondere der Grundsatz der Neutralität sowie der der Unparteilichkeit kommen hier zum Tragen.

So dürfen etwa keine Flaggen einer Konfliktpartei an Einrichtungen, Fahrzeugen und Gegenständen angebracht werden. Dies würde Zweifel an der politischen Neutralität und an der Unabhängigkeit des DRK sähen. Ferner dürfen keine Hinweise oder Aufkleber anderer Organisationen oder Aktionsbündnisse auf Fahrzeugen oder Hilfslieferungen des DRK mitgeführt oder angebracht werden, da dies das Risiko einer ungewollten Parteinahme in sich birgt.

Das Rote Kreuz setzt sich stets für den Frieden ein, aber nie für eine Konfliktpartei.


Zusammenarbeit des DRK mit staatlichen Stellen

Zivil-Militärische Zusammenarbeit mit der Bundeswehr im Inland/Ausland

Unabhängig davon, ob die Zusammenarbeit im Inland oder im Ausland erfolgt, muss jederzeit eine klare Abgrenzung zwischen den Aufgaben des Militärs und des DRK vorhanden und nach außen sichtbar sein. Andernfalls droht eine Verletzung des Grundsatzes der Unabhängigkeit des DRK.

Bei Einsätzen des DRK als Hilfsorganisation sind zur Vermeidung des Eindrucks der Vermischung ziviler und militärischer Aufgabenwahrnehmung und der damit verbundenen Gefahr des Verlustes von Unparteilichkeit und Neutralität räumlich, zeitlich und inhaltlich getrennte Aktivitäten der Zivil-Militärischen Zusammenarbeit den Einsätzen mit gemeinsamem Erscheinungsbild vorzuziehen. Eine Wahrnehmung paralleler Aufgaben von DRK einerseits und Streitkräften andererseits ist insbesondere dann zu vermeiden, wenn die in Frage stehenden Streitkräfte Organ einer Konfliktpartei sind.

Ausnahmen sind in Einzelfällen aus humanitären Erwägungen denkbar, sofern sich die Opfer in höchster Not befinden und die Hilfeleistung ohne militärische Unterstützung unmöglich wäre. In dem Fall würde gemeinsam nach dem Grundsatz der Menschlichkeit gehandelt werden und dieser situativ bedingt stärker gewichtet werden als die Grundsätze Unabhängigkeit, Unparteilichkeit und Neutralität.

Gegenseitige Verwendung von Ausrüstungsgegenständen durch Polizei und DRK

Aus unterschiedlichsten Gründen kommt immer mal wieder von Seiten der Polizei oder des Sanitätsdienstes die Idee auf, sich gegenseitig Ausrüstungsgegenst.nde auszuleihen. Im Bereich der Tarnung ist davon auszugehen, dass eine Verwendung von Rettungsdienstbekleidung oder Rettungsdienstfahrzeugen durch die Polizei zum Zwecke der Annäherung grundsätzlich rechtlich unkritisch ist, sofern diese seitens der Polizei bei Dritten beschafft werden und darauf keine Erkennungs- und Schutzzeichen des Roten Kreuzes verwendet werden.

Eine Verletzung der Grundsätze der Neutralität und Unabhängigkeit liegt jedoch dann vor, sobald das DRK selbst diese Ausrüstung der Polizei zur Verfügung stellen würde. Dabei ist für die Verletzung dieser Grundsätze unerheblich, ob die Ausrüstung das Erkennungs- und Schutzzeichen des Roten Kreuzes tatsächlich aufweist oder nicht. Grund hierfür ist, dass das DRK stets seine Eigenständigkeit bewahren muss, auch wenn es den Behörden bei ihrer humanitären Tätigkeit als Hilfsgesellschaft zur Seite steht und den jeweiligen Landesgesetzen unterworfen ist.

DRK-Mitarbeitende als Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft

Vor allem bei Spezialeinsätzen des DRK-Rettungsdienstes im Bereich der Berg-, Wasser- oder auch Höhlen- und Grubenrettung kommt es immer wieder zu der Situation, dass die Rettungsdienste des DRK mit ihrer Spezialausrüstung bereits vor Ort sind, noch bevor beispielsweise die Polizei eintrifft. Aufgrund dessen werden die DRK-Einsatzkräfte mitunter gebeten, vor Ort bestimmte Tätigkeiten im Rahmen eines staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens durchzuführen.

Ein solches Vorgehen ist jedoch insbesondere hinsichtlich der Grundsätze der Unabhängigkeit, Unparteilichkeit und der Neutralität als äußerst kritisch einzustufen. Da die öffentliche Strafverfolgung Teil der Staatsgewalt ist und keine Aufgabe des DRK darstellt, muss nach außen deutlich erkennbar sein, dass die Rettungsdienste des DRK eigenständig und folglich gerade nicht ein der Staatsgewalt unterworfener Teil sind. Wie bei Demonstrationen (siehe oben) gilt auch hier: Jeder Rotkreuz-Mitarbeitende, ob ehren- oder hauptamtlich, ist auf Vertraulichkeit verpflichtet. Es gelten die allgemeinen Grundsätze über die Verschwiegenheitspflicht und gegenüber der Polizei besteht keine Auskunftspflicht.

Anfrage einer Ausländerbehörde an den DRK-Suchdienst

Zwar sind Nationale Rotkreuz- bzw. Rothalbmond-Gesellschaften freiwillige Hilfsgesellschaften der Behörden, aber nur im humanitären Bereich. Daher ist es dem DRK-Suchdienst nicht möglich, an Suchanfragen mitzuwirken, die nicht auf dem tatsächlichen Willen der betroffenen Personen beruhen, sondern letztlich der Erfüllung ausländerbehördlicher Aufgaben dienen. Im Falle einer Mitwirkung würde der DRK-Suchdienst sein Mandat überschreiten und insbesondere den Grundsatz der Unabhängigkeit verletzen. Dieser verlangt, dass das DRK bei der Zusammenarbeit mit Behörden stets einen eigenen Handlungsspielraum behält.


Hilfsleistungen des DRK

Hilfsverweigerung aufgrund persönlicher Merkmale

Die Rotkreuz- und Rothalbmond-Bewegung unterscheidet nicht nach Nationalität, Herkunft, Religion, Sexualität, sozialer Stellung oder politischer Überzeugung. Nach dem Grundsatz der Unparteilichkeit ist sie einzig bemüht, den Menschen nach dem Maß ihrer Not zu helfen und dabei den dringendsten Fällen Vorrang zu geben. Hilfsbedürftigen Personen die erforderliche Hilfe mit der Begründung zu versagen, diese habe ein ausländisches Aussehen, trage bestimmte religiöse Merkmale oder sei homosexuell, verstößt gegen den Grundsatz der Menschlichkeit und Unparteilichkeit. Beiden wohnt das Diskriminierungsverbot inne, welches ein unterschiedsloses Hilfeleisten verlangt. Sachfremde Erwägungen und persönliche Ansichten dürfen der Hilfeleistung niemals im Wege stehen oder diese sogar verhindern.

Bevorzugte Behandlung eines Freundes nach einer Katastrophe

Sind Menschen von Katastrophen betroffen, muss nach den Grundsätzen der Menschlichkeit und Unparteilichkeit. geholfen werden. Unter den Grundsatz der Unparteilichkeit fallen drei Aspekte: Nichtdiskriminierung, Verhältnismäßigkeit und Unparteilichkeit im engeren Sinne. Das Gebot der Verhältnismäßigkeit bedeutet dabei, dass zunächst denjenigen geholfen wird, die die Hilfe am dringendsten brauchen. Dieses Gebot ist Ausdruck der Erkenntnis, dass die nach dem Grundsatz der Menschlichkeit und unter dem Aspekt der Nichtdiskriminierung zu lindernde Not die Kapazitäten der Bewegung übersteigen kann, sodass eine Priorisierung zu erfolgen hat: So könnte zum Beispiel ein gebrochenes Bein provisorisch bandagiert werden, wohingegen lebensbedrohlich Verletzte sofort versorgt und zu einem Krankenhaus transportiert werden müssten.

Eine solche „Entpersonalisierung“ der geleisteten Hilfe bildet die Grundlage für das Vertrauen aller Beteiligten in das DRK in Katastrophensituationen.